Einführung digitaler Personalakten – Was sollte beachtet werden?

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Viele Schweizer KMU arbeiten immer noch mit physischen Personaldossiers. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie den Schritt zur papierlosen Lösung ohne Schwierigkeiten hinkriegen.

1. Die Einführung

Damit Sie den Zugriff auf die Daten beschleunigen, den Aufwand für administrative Prozesse reduzieren und so mehr Freiraum für die eigentliche Personalarbeit schaffen können, müssen Sie einige Dinge richtig planen.
Nachfolgend fi nden Sie die wichtigsten Punkte für jeden Schritt aufgelistet, damit das Projekt «Einführung einer elektronischen Personalakte» zum Erfolg wird.

2. Analyse und Definition der Soll-Anforderungen

Wie in jedem Projekt sollten Sie zuerst die Anforderungen der gewünschten Lösung sowie den Ist-Zustand im Unternehmen analysieren. Wenn Sie Doppelspurigkeiten vermeiden wollen, müssen die HR-Prozesse unter die Lupe genommen werden. Anstatt beispielsweise ein Dokument zu erzeugen, auszudrucken, zu unterschreiben und dann wieder einzuscannen, kann das System selbst direkt ein digitales Dokument generieren, welches automatisch (somit papierlos) in das digitale Personaldossier des Mitarbeiters gespeichert wird. Andere Dokumente erreichen das Unternehmen auf dem Postweg (zentral oder dezentral) und müssen gescannt und abgelegt werden. Echte Einsparungen entstehen am Ende nur, wenn man sich von den Papierakten komplett trennen kann, was heutzutage absolut möglich ist. Zur absoluten Absicherung empfiehlt es sich in der Praxis trotzdem, wenigstens die Arbeitsverträge, Verwarnungen und Unterlagen von Gerichtsfällen im Original zu behalten.
Weiter sind die Anforderungen an die Software zu definieren. Z.B. sollte diese eine Volltextsuche haben, jedes Dokument mit virtuellen Stempeln und Post-its versehen werden können, flexible Berechtigungskonzepte möglich sein und enge Anbindungen zu gängigen ERP-Systemen haben, so dass beispielsweise bei Neueintritt eines Mitarbeitenden automatisch auch ein E-Dossier generiert und wichtige Stammdaten synchronisiert werden.

3. Ausmisten

Zuerst sollte bei dieser Gelegenheit auch wieder mal die Frage gestellt werden, ob nicht zu viele Daten gesammelt wurden. Grundsätzlich dürfen nur Personendaten gesammelt werden, die in unmittelbarem Zusammenhang zur Arbeitstätigkeit des Arbeitnehmers stehen. Dazu gehört alles, was über einen Arbeitnehmer in Bezug auf die Entstehung, den Verlauf und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgezeichnet wird. Der eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) nennt exemplarisch die folgenden Daten:

  • Personalien, Adresse
  • Bewerbungsunterlagen, Referenzauskünfte, graphologische Gutachten, Testunterlagen
  • Arbeitsvertrag, Bonusvereinbarungen, Weiterbildungsvereinbarungen, Beurteilungen
  • Lohn- und Versicherungsdaten
  • Abwesenheiten (Ferien, Krankheit/Unfall, Militär)
  • Disziplinarmassnahmen (Verwarnungen, Verweise, Bussen)

4. Definieren der Aktenstruktur

Nun geht es darum, sinnvolle Aktentypen zu unterscheiden und die Indexierung/Beschriftung derer zu bestimmen. Arbeitet man hier systematisch, hilft dies später bei der Auffindbarkeit der Daten enorm. Eine schlanke Struktur erleichtert die spätere Arbeit mit der Akte und beschleunigt sowohl die Digitalisierung fortlaufender Dokumente als auch der Bestandsakten.
Wenn Sie die Dokumente nach Typen sortieren, entstehen im Regelfall zwischen 30 und 50 Typen – von Arbeitsvertrag bis Zulassungen, die dann noch für jeden Mitarbeiter digital indiziert und mit einem Datum versehen werden. Diese Struktur der elektronischen Akte sollten Sie idealerweise jederzeit selbst anpassen können, um unkompliziert auf Neuerungen zu reagieren.

Praxistipp «Volltextsuche»

Dank Volltextsuche und einfacher Ablagestruktur sind Dokumente schnell auffindbar; d.h. Beschriftung der Dossiers nicht zu detailliert (z.B. ohne viele Unterordner, ohne Jahreszahlen) vornehmen;
Ablage pro MA und nach Ereignis (Beispiel in alphabetischer Reihenfolge: Absenzen, Arbeitsvertrag, Arbeitszeugnisse, Aus- und Weiterbildungen, Bewerbungsunterlagen, Diverses, Einführungsprogramm, Korrespondenz, Laufbahnplanung, MbO, Mitarbeiterbeurteilungen, Pflichtenheft, Verwarnungen)
Jedes Dokument sollte aber einzeln sein, damit Dokumente direkt aus der Software per Mail verschickt werden
können.

5. Berechtigungskonzept erstellen

Nach der Festlegung der Aktenstruktur, gilt es die Zugriffs- und Bearbeitungsrechte zu regeln, um den Schutz sensibler Mitarbeiterdaten und -dokumente zu gewährleisten. Zu den Zugriffsberechtigten zählen neben der Personalabteilung selbstverständlich Geschäftsführer, Fachvorgesetzte sowie der Mitarbeiter selbst. Es gilt darüber hinaus zu klären, wer die Akten in welchem Umfang bearbeiten darf, wie die Zugriffe zu protokollieren sind, ob zeitliche Beschränkungen für Dritte sinnvoll sind und wer letztlich das Rollenkonzept verwaltet:
der Administrator oder doch besser der Personalverantwortliche?

6. Der Datenschutz

Zuletzt hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass die Daten gegen unberechtigten Zugriff geschützt sind. Dazu gehört nebst dem Berechtigungskonzept auch die Analyse möglicher Sicherheitslücken.
Dürfen beispielsweise Dokumente jederzeit gedruckt, lokal auf einem PC gespeichert werden oder direkt aus dem System per E-Mail verschickt werden?
Ist sichergestellt, dass Mitarbeitende exklusiv Zugriff auf ihre eigenen Akten haben und nicht auf diejenige von Kollegen?

Anmerkung
In diesem Artikel wird nicht gross auf Rechtliches im Zusammenhang mit Personaldossiers eingegangen. Lesen Sie dazu den «Leitfaden für die Bearbeitung von Personendaten im Arbeitsbereich» (insbesondere Seiten 12 bis 15) vom EDÖB.

7. Schnittstellen zu anderen Systemen definieren

Jetzt geht es vor allem darum, Geschäftsprozesse und Transaktionen zwischen den Systemen zu definieren und sich abschliessend Klarheit über Schnittstellen und Workflows zu den anderen Businessanwendungen im Unternehmen zu verschaffen.
Soll eine automatisierte Übernahme von Dokumenten aus Office-Anwendungen und E-Mail-Clients möglich sein?
Sollen Daten aus anderen Anwendungen wie der Lohnbuchhaltung eingebunden werden?
Und wenn ja, ad-hoc oder in einem Batchverfahren mit festen Intervallen?
Wie lassen sich externe Daten von Partnern oder Bewerbern integrieren? So komplex dieser Punkt auch erscheinen mag – gemeinsam mit dem Lösungsanbieter lassen sich auf all diese Fragen schnell die richtigen Antworten finden.

8. Digitalisierung bestehender Dossiers

Zunächst steht die Personalabteilung vor einem Berg von Dokumenten, den es abzutragen gilt. Sprich, es muss ein sogenanntes «Initialscanning» durchgeführt werden. Dies ist eines der erfolgskritischen Elemente auf dem Weg zur erfolgreichen elektronischen Personalakte, denn wenn hier an der falschen Stelle gespart wird, dann sind die Dokumente schlecht lesbar oder ungenügend klassifiziert.
Unzufriedene Anwender sind die Folge. Dieses erste grundlegende Einscannen wird in der Regel nicht vom Unternehmen selbst durchgeführt, sondern von einem professionellen Scan-Dienstleister, der selbst aus altem und schlecht lesbarem Papiermaterial noch eine gute Bildqualität erzeugen kann. Die Planung des Scanprojekts ist sehr wichtig und sollte möglichst frühzeitig erfolgen, damit das angestrebte Projektende nicht hinausgeschoben werden muss.

Praxistipp «Scannen»

In der Praxis haben sich folgende Punkte beim Scannen bewährt:

  • Parameter: Aufl ösung (300 dpi), schwarz/weiss (s/w), Duplex (2-seitig) mit automatischer Löschung von Leerseiten, Dateiformat PDF/A
  • A4-Format, Achtung Formate > A4 müssen separat gescannt werden
  • Normales Papier hat 50–350 g/m2, ansonsten es normalerweise auch separat gescannt werden muss
  • OCR, d.h. durchsuchbare PDF’s (Ein Muss für Volltextsuche)
  • Anhand 2–3 bestehenden Musterdossiers testen (Vorbereitung, Scanprozess, Ablage und Bewirtschaftung). Dies gibt Ideen und Erfahrungswerte für Abläufe. Unerwartete Schwierigkeiten werden so frühzeitig erkannt. Fordern Sie auch gescannte Musterdossiers ein, wenn Sie mit einem externen Dienstleister zusammenarbeiten.
  • Sortierung Dossiers/«Ausmisten» – gemäss Reihenfolge der Aktenstruktur. Oft muss jedes Blatt einzeln angeschaut und sortiert werden, was einen erheblichen Mehraufwand mit sich bringt.
  • Ziel ist, dass ganzes Dossier in einem Stapel (ohne Unterbruch) eingescannt werden kann! Darum zuerst «enttackern», «entklammern», Aufgeklebtes entfernen, allfällige Untersysteme umordnen, Mäppchen entfernen und verschiedene Dateiformate in Mitarbeiterdossiers bündeln
  • Zeitraubende Anbringung von Barcodes/Deckblättern ist bei Profi -Scan-Lösungen nicht notwendig
  • Aus Datenschutzgründen die Dossiers immer vor Ort (mit internen Vertrauenspersonen oder externem Dienstleister) scannen und nie ausser Haus geben.
  • Benutzung von Profi-Stapelscanner lohnt sich: Funktionen wie Duplex mit Lösung von Leerseiten, grosser Einzug (Scanvorgang ohne Unterbruch auch bei sehr «dicken» Dossiers), Gemisch von verschiedenen kleineren Formaten als A4 möglich, OCRMöglichkeiten und natürlich wegen der Scangeschwindigkeit.
  • Rücklage/Vernichtung Papierdossiers: Erfahrungsgemäss behalten die Firmen die Papierdossiers noch als Backup (man hat ja schliesslich X Jahre mit «verstaubten» Papierdossiers gearbeitet …). Der Vernichtungsakt folgt meistens dann etwas später, wenn vollstes Vertrauen in die neue papierlose Lösung da ist.

Fazit

Wichtig ist, dass Dokumente nach dem «Initialscanning» direkt im elektronischen Personaldossier abgelegt und die Kommunikation mit Daten möglichst immer in elektronischer Form stattfindet. Halten Sie sich zukünftig daran, ist der Nutzen eines digitalen Personaldossiers sehr hoch. Das einmalige Projekt ist somit absolut lohnenswert und Ihre internen Abläufe können stark optimiert werden.